Einmal durch das Vereinigte Königreich in 10 Tagen


Tag 1: südliches England

    

                                                                                                                 Brüssel- East Sussex                                                                                           11.05.2019


©Googlemaps
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Route: Brüssel- Dunkirque- Dover- New Romney- Appledore- Hastings- Cooden Beach

Start Kilometer des Fahrzeuges: 217 796 km

Zurückgelegte Kilometer: 305 km

Fahrzeit: 11:32-20:58 Uhr

Tagestemperatur: 11-18 °C

Wassertemperatur Atlantikküste: 9 °C

 


Wir haben die Startlinie überquert und befinden uns damit inmitten dieser überdimensionalen Schnitzeljagd quer durch das Vereinigte Königreich. Schauen wir wie gut wir zwei und eine Schildkröte als Team funktionieren. Vor uns liegen 10 Tage ohne festen Schlafplatz, ohne Bett, ohne feste Behausung, ohne Gewissheit wo wir am Morgen erwachen oder am Abend unser Lager aufschlagen. Zusammen auf engstem Raum in einem vollgepackten Audi und lediglich einem Dachzelt über dem Kopf, ohne Kühlschrank oder eigenes Bad. 10 Tage pures Abenteuer und Spontanität.

2…1… Risiko!

 

 

 

 

Wir sind beide voller Adrenalin und nutzen die schnellste Route in Richtung Fährhafen. Auf dem Festland dürfen wir uns noch von der Technik navigieren lassen und können schnell als eines der ersten Teams gegen 14:30 Uhr das Fährhafengelände in Dunkerque (Dünkirchen) erreichen. Womöglich wären wir sogar das erste Team im Fährhafen gewesen, wäre da nicht diese überaus schlechte Ausschilderung zu den Warteschleifen gewesen. Nun heißt es jedoch erst einmal warten. Wir etwas großzügig geplant und bereits im Vorfeld ein Ticket für die 16:00 Uhr Fähre nach Dover gekauft. Diese Idee hatten anscheinend auch andere Teams und so kommt es, dass sich die Warteschleife mit Rallyefahrzeugen füllt.

 

Da am Start nicht viel Zeit war und wir die Veranstaltung am Vortag zeitlich nicht geschafft haben, haben wir nun die Gelegenheit zumindest die Teams vor und neben uns kennenzulernen. Team „Fordi“, vor uns, besteht aus Mutter und Sohn, die sich eigens für die Rallye einen semialten Ford Galaxy (Baujahr 1995-2000) gekauft haben. Sie kommen aus der Nähe von Pirna (Sachsen)- Ossis unter sich! ;D. Neben uns hält der amerikanische „International Harvester Travelall“ (Bj.: 1968) vom Team „international“. Der blubbernde V8, die vorsintflutliche Technik und das ganze Äußere des Travelall sehen ziemlich abenteuerlich aus. Mit einem Verbrauch von 21 Liter auf 100 Kilometer, müssen die drei aber auf ein flächendeckendes Tankstellennetz in den Highlands hoffen. Auch wir haben vor Abfahrt überlegt, einen Reservekanister einzupacken, die Idee jedoch wieder verworfen, da auf Fähren das Mitführen von Kanistern (voll wie leer) nicht gestattet ist.

Eine halbe Stunde vor Abfahrt darf der Audi endlich eingeschifft werden.

 

 

„Ich wette, dass der Audi es bis zum Fährhafen schafft und dann den Geist aufgibt!“

 

 

Widerlegt!

 

 

 

 

 

 

 

Wir nehmen das wichtigste mit uns und suchen uns als erstes eine Möglichkeit unser Geld zu wechseln. Im gesamten Vereinigten Königreich ist der Pfund Sterling das Zahlungsmittel der Wahl bei einem Kurs von 1 € zu 1,13 Pfund. Unweit von einer nicht besetzten Wechselstube finden wir einen Geldautomaten an dem wir unsere erste Queen und ein paar ihrer Landsmänner abheben. Mal sehen, wie lange wir mit ihnen auskommen. Die Lebenshaltungskosten sollen in England insgesamt etwas höher angesetzt sein als auf dem Festland.

 

 

Wir suchen uns ein sonniges Plätzchen auf dem hinteren Deck der Fähre und nutzen die kurze Pause, um unsere weitere Tagesroute zu planen.

 

 

Uns erwarten heute zwei Roadmissions, die Erste führt uns zum Bodiam Castle, die Zweite zum Herbrand Walk. Beide vermeintliche Sehenswürdigkeiten sind nicht in unserem Reiseführer vermerkt, sodass wir uns auf die Routenbeschreibung im Roadbook verlassen müssen. Die heutige Tagesaufgabe hat den Titel „Rittertaufe“ und ist der Greenland Viking Consecration nachempfunden. Ein Teammitglied soll in einem Gewässer, in der Nähe einer Burg standesgemäß getauft werden. Dazu werden Hände, Füße und Kopf unter Wasser getaucht, während der restliche Körper trocken bleibt. Alten Überlieferungen zufolge war dies wichtig, um die Rüstung vor entsprechender Nässe und daraus resultierenden Rost zu schützen. Es ist jedoch leichter gesagt, als eine derartige Lokation gefunden. Die Burg in Dover erfüllt zwar beide Kriterien, jedoch möchten wir beide nur ungern Bekanntschaft mit dem Fährhafenwasser machen. Bei genauerem Blick auf die Karte finden wir in Hastings das entsprechende Zeichen für eine Burg und entscheiden uns dafür, dort eine geeignete Stelle für das Beweisfoto zu finden.

Es ist dreiviertel sechs Ortszeit. In der Ferne zeichnen sich die Kreidefelsen von Dover ab. Und natürlich wird dieser Umstand genutzt, um ein paar weitere gestellte Fotos aufzunehmen. Sehr zu Frieders Leidwesen 😊

 

 

 

Wir legen um 17:00 Uhr Ortszeit an.

 

 

 

Endlich vom Schiff heißt es nun „drive left“.

 

 

Hinter dem Fährhafen lädt eine Küstenstraße zum Üben dieser Besonderheit ein. Die linke und rechte Spur sind hier extra durch eine Leitplanke getrennt, sodass man gezwungen ist sein Fahrzeug auf der vermeintlich richtigen Seite zu bewegen. Nach dem nächsten Hindernis, einem Kreisverkehr, nimmt der Schwierigkeitsgrad zu. Die Leitplanke verschwindet und es wird zusehends ländlicher.

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir verlassen Dover in Richtung Folkstone/New Romney an der Küste entlang. Unsere erste Roadmission startet in dem kleinen Örtchen Appledore in Devon und führt uns über die Kleinstadt Rye zu unserem ersten Ziel: Bodiam Castle.

 


Bodiam Castle

 

 

Eine gut erhaltene Burgruine in East Sussex, England, die um 1385 im Stil der mittelalterlichen Baukunst erbaut wurde. Die Burg ist quadratisch gebaut und verfügt über vier Türme.

 

 

Vor dem Castle befindet sich ein Parkplatz mit einer Gebühr von 3 Pfund (rund 3,36€). Eine Eintrittskarte für Erwachsene ist für 10,30 Pfund (12€) zu erwerben. Wie viele andere historische Gebäude gehört Bodiam Castle dem National Trust und kann auch über den gleichnamigen Touring Pass besichtigt werden (mehr zum Bodiam Castle hier).

 

 


 

 

 

 

Am Bodiam Castle angekommen, sind wir nicht das einzige Team, welches die erste Roadmission in ihrem Roadbook vermerken kann. Entgegen unserer Hoffnung hat sich das Starterfeld noch nicht ausreichend genug verteilt, sodass es am ersten Highlight zu einer hohen Konzentration von Teilnehmern der Rallye kommt. In Kombination mit einem Blick auf die Uhr (20:15 Uhr!), entscheiden wir uns gegen einen Besuch des Castles und machen ein Foto am Fuß der Lokation.

 

 

 

 

 

Außerdem sind wir gezwungen einen kurzen Blick unter die Motorhaube unseres Streitwagens zu werfen. Es stellt sich heraus, dass der Wasserschlauch lose ist. An Ort und Stelle bekommt er eine neue Schelle verpasst- Problem gelöst.

 

Ein erneuter prüfender Blick auf die Uhr verrät uns, dass wir noch eine Stunde bis Sonnenuntergang haben und eine weitere Roadmission, sowie die Tagesaufgabe noch vor uns liegen. Natürlich wollen wir uns diese Punkte nicht entgehen lassen.

 

 

 

 

 

 

 

In Hastings angekommen jedoch die Ernüchterung. Bei der in der Karte verzeichneten Burg handelt sich um eine Ruine. Was nun? Es dämmert bereits und auf unserem Weg liegt keine Ausweichmöglichkeit. Es hilft nichts, wir müssen die Aufgabe irgendwie in unserem Sinne inszenieren. Auf der Suche nach einer geeigneten Location fahren wir die Strandpromenade auf und ab. Kein Winkel erscheint optimal für ein geeignetes Foto und die Zeit läuft uns davon.

Nachdem wir zum dritten Mal an ein und demselben Parkplatz direkt am Strand vorbeifahren, stellen wir den Audi kurzerhand dort ab. Über dem Strandabschnitt liegt gut sichtbar die Burgruine auf ihrem Hügel. Entweder bekommen wir hier ein geeignetes Foto zustande oder nirgends. Kurzerhand knobeln wir den Täufling aus. Herbert fällt aus dem Rennen und es trifft denjenigen mit den kürzesten Haaren- Frieder. Wir lassen unsere Schuhe am Auto stehen und laufen in Richtung Meer. Der vermeintliche Sandstrand geht in einen Kiesstrand über, der sich bis zum Wasser zieht. Schmerzhaft so ohne Schuhwerk. Schmerzhafter wird es jedoch, als unsere Füße auf das kühle Nass treffen. Der Atlantik hat um diese Jahreszeit Temperaturen von um die 9 °C. Um Burg und Ritter in spe aufs Bild zu bekommen müssen jedoch Kameramann und Ritter ins Wasser- wir sind ein Team und brauchen die Punkte!  

 

3…2…1- Aktion. Frieder taucht mit dem Kopf voran in die Fluten, Anne fängt diese komisch anmutende Szene mit der Kamera an. Wir haben es geschafft! 20 Punkte gehören uns. Und abgefrorenen Füße. Der Weg zurück zum Auto gestaltet sich schlimmer als das laufen über heißen Sand. Die Füße schmerzen aufgrund der Unterkühlung und die spitzen Steine geben ihnen den Rest. Zurück im Auto heißt es Heizung an! Immerhin muss auch das Bärtchen trocknen.

 

 

 

 

 

 

 

Unsere Route führt uns weiter in Richtung Bexhill an der Küste entlang in die Nähe eines Country Clubs. Hier soll der besagte Herbrand Walk sein. Doch woran erkennen wir, ob wir richtig sind und wie belegen wir, dass wir vor Ort waren? Ein Straßenschild mit der Aufschrift „Herbrand Walk“. Jackpot und damit 10 weitere Punkte!

 

Für heute haben wir unser Tagessoll erreicht. Es dämmert, wir haben noch keinen Schlafplatz, haben lange Zeit nichts gegessen. Trotzdem beschließen wir, solange weiter zu fahren bis es nicht mehr geht und auf der Strecke nach einem guten Schlafplatz zum Wildcampen Ausschau zu halten. Wenige Hundert Meter werden wir fündig. Der Herbrand Walk geht in eine Straße über, die direkt am Kiesstrand liegt. Cooden beach.

 

 

Hier campiert bereits ein älteres englisches Pärchen und wir beschließen unsere Schüchternheit zu überwinden und sie zu fragen, ob Übernachtungen erlaubt sind. Die beiden stellen sich als nette und offene Menschen heraus. Wir kommen mit Ihnen ins Gespräch und finden heraus, dass auch sie die Nacht in ihrem VW Bulli am Strand verbringen wollen und wir uns gern mit dazu stellen können. Kurzerhand Fragen wir sie, ob sie Lust hätten, einen Gegenstand mit uns zu tauschen. Sympathisch, wie die beiden sind, willigen sie ein und zaubern aus ihrem Bulli einen kleinen Regenschirm hervor, den Sie mit uns gegen eine Büroklammer tauschen. Besser hätte der Tag nicht enden können!

 

 

 

 

 

 

 

Im letzten Licht der untergehenden Sonne klappen wir unser Dachzelt auf und bereiten uns auf die bevorstehende Nacht vor. Wir gehen zwar hungrig, aber auch zufrieden zu Bett.

 

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Keep calm and turtle on!